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Ratgeber

Interview: Tanzt, egal in welchem Alter!

18 Sep, 2023

Renate ist 73, Tänzerin, Schauspielerin im Solinger Stadtensemble und hat gemeinsam mit zwei weiteren Kreativen das Tanztheaterprojekt „Meine Zeit, ein Raubtier“ ins Leben gerufen. Hier tanzen Menschen über 50 – und das mit großem Erfolg.

Balletttheaterszene mit Balletttänzer:innen in Tier-Kostümen

tanzmuster: Liebe Renate, wie bist du selbst zum Tanz gekommen?

Renate: Ich habe immer schon getanzt, mein ganzes Leben lang. Als Kind hatte ich immer den Traum, auf der Bühne zu stehen. Ich hab immer schon gesungen, getanzt und mit Rollen gespielt. Da ich nicht aus einem vermögenden Haushalt komme, musste ich mir alles selber erarbeiten. Das hat mir ein breites Spektrum gegeben. Zuerst habe ich mit Ballett angefangen, das habe ich bis Mitte zwanzig gemacht…

tanzmuster: Was kam danach? Hast du mit dem Ballett aufgehört?

Renate: Ballett wurde mir dann zu einseitig. Ich bin keine klassische Ballerina. Um wirklich professionelle Balletttänzerin zu werden, musst du gewisse körperliche Voraussetzungen erfüllen, in der Hüfte offen sein z. B., so dass du in der 1. Position horizontal stehen kannst. Ich hatte immer eher eine Affinität zum Theater spielen und der Verbindung von Tanz und Theater…

„Tanz war für mich immer eine direkte Form des Ausdrucks, viel mehr als Sprache.“

tanzmuster: Was bedeutet es für dich, zu tanzen?

Renate: Tanz war für mich immer eine direkte Form des Ausdrucks, viel mehr als Sprache. Deshalb hab ich eben auch mit dem Ballett aufgehört, das war mir zu konform; und mir fehlte der individuelle Ausdruck. Allerdings bot mir Ballett wunderbare Basics, auf die ich aufbauen konnte. Ich bin ein großer Fan von Pina Bausch. Sie vereint Theater und Tanz auf eine Art, die mich sehr berührt.

Ballettheaterszene mit Ballettänzer:innen in schwarzen Kostümen

tanzmuster: Wir wissen bereits, dass du heute mit Tänzer:innen über 50 arbeitest. Zuerst einmal möchten wir aber wissen, was davor geschah – und wie es dazu kam?

Renate: Während ich stets weiter getanzt habe, habe ich Kunst auf Lehramt studiert! Ich war 35 Jahre Lehrerin an einer Schule. Dort habe ich das große Glück gehabt, all die Dinge, die mich begeistern, als Fach in die Schule zu können. Ich habe somit viel in Gruppen gearbeitet. Ebenso machte ich dann eine Ausbildung als Tanz– und Sozialtherapeutin. Alles parallel zur Arbeit in der Schule. 25 Jahre lang habe ich dann auch noch selbst ein Tanzstudio in Solingen gehabt und dort kreativen Tanz unterrichtet.

tanzmuster: Das ist eine beeindruckende Vita, Renate!

„…ich habe Kinder in der Gruppe gehabt, die haben im Alter von drei oder vier Jahren bei mir angefangen und nach dem Abitur aufgehört.“

Renate: Irgendwann hatte ich damals allerdings auch ein Burnout. Die Schule war eine wirklich gute Zeit. ich hab mit den Kindern 1996 den Jugendkulturpreis NRW erhalten, das hat Freude gemacht. Ich war dann durch das Tanztheater auch viel auf Reise. Viel in Italien, Polen und Frankreich… Wenn man so lange unterrichtet, bekommt man ja ganze Biografien mit. Ich habe Kinder in der Gruppe gehabt, die haben im Alter von drei oder vier Jahren bei mir angefangen und nach dem Abitur aufgehört. Ich habe auch immer viel mit meiner Enkelin getanzt, auch heute noch. Ich mache jetzt das, was ich immer machen wollte.

Balletschulstunde mit Kleinkindern bis zu 6 Jahren

tanzmuster: Wie hat sich Corona auf deine Projekte ausgewirkt?

Renate: Während Corona schloss ich meine Tanzschule. Danach ist dann ein Schaufenster Projekt in Solingen entstanden: „Meine Zeit, ein Raubtier – Poeten des Alltags hinter Glas“. Auch wenn einige der Tänzer:innen schon vorher bei mir tanzten, waren das die Anfänge des gleichnamigen, noch immer laufenden Tanztheaters mit Tänzer:innen über 50.

tanzmuster: Erzähl uns mehr davon…

Renate: Ich mache das Tanztheater Projekt zusammen mit zwei anderen. Marcus Grolle ist künstlerischer Leiter, Tänzer, Choreograf. Wir kennen uns seit dreizig Jahren. Stephan Haeger ist Video– und Fotokünstler. Wir sind ein Dreier-Team.

tanzmuster: Wer sind die Tänzer:innen 55+?

Renate: Einige sind bereits seit Jahren dabei. Die Gruppe ist sehr divers, die älteste Person ist 74 Jahre alt. Manche der Menschen haben körperliche Einschränkungen, auch teils schlimme Krankheiten hinter sich, sind homosexuell, heterosexuell, alles ganz gemischt!

tanzmuster: Was bedeutet es für dich, Menschen im Alter zum Tanzen zu bringen?

„Tanz ist - ist ein Stemmen gegen den Sargdeckel.“

Renate: Weißt du, Tanz ist - ist ein Stemmen gegen den Sargdeckel, …weil du mit deinem ganzen Körper arbeitest… und ich glaube, dass das sowohl körperlich, aber auch geistig fit hält. Tanz ist Koordination und Konzentration. Gerade im Alter geht viel von diesen Dingen verloren. Oft kann man bei älteren Menschen beobachten, dass sich der Blickwinkel verkürzt, dann entsteht ein Tunnelblick. Wir machen viele Übungen, die darauf basieren, sowohl die anderen, als auch die eigene Umgebung wahrzunehmen. Dazu gehört auch viel freies Tanzen.

farbefrohes Grafitti mit Ballettänzer:innen

tanzmuster: Welche Stücke habt ihr inszeniert?

Renate: Macbeth zum Beispiel, das war sehr schwierig, wirklich viel Text! Es sind keine Schauspieler, aber es hat absolut funktioniert. Wir arbeiten auch viel mit experimentellen Elementen, kreieren Choreografien und bauen Bewegungsmaterial auf, das wir dann bei folgenden Stücken wiederverwenden. Jedes Mal eine neue anspruchsvolle Choreo aufbauen, das schaffen wir garnicht.

tanzmuster: Wie oft probt ihr?

Renate: Sechs Stunden die Woche… Zwei Tage definitiv, im Moment auch drei Tage, mit drei mal zwei Stunden; oder eben zwei mal drei Stunden. Als wir damals angefangen haben, starteten wir mit eineinhalb Stunden pro Woche – und jetzt sechs! Vor Aufführungen ist es natürlich immer intensiver und wir proben mehr.

tanzmuster: Wo siehst du Parallelen in der Arbeit mit Kindern, wie zuvor in der Schule – und dem Tanz mit älteren Menschen?

Illustration der Bewegungsentwicklung eines Kindes vom Wickelkind, über das Kriechen, Krabbeln bis zum aufrechtem, festen Stand

 

„Ich hab ganz oft beobachtet, dass Kinder ihre Körpermitte nicht überschreiten–, also nicht in die Diagonale gehen können.“

 

Renate: Ich habe mit den Schüler:innen damals ein Unterrichtsfach eingeführt, „Musik & Bewegung“, für das 5. und 6. Schuljahr. Der Unterricht war so ausgelegt, dass Lern– und Bewegungsschwächen gestützt werden konnten. Ich hab ganz oft beobachtet, dass Kinder ihre Körpermitte nicht überschreiten–, also nicht in die Diagonale gehen können. Sie schreiben dann zum Beispiel auf der Mitte des Blattes, statt am Rand los. Das liegt daran, dass die Synapsen im Gehirn nicht richtig funktionieren. Genau daran arbeite ich auch mit dem Tanztheater 55+. Viel Überkreuz-Bewegungen, Kreuzschritt gehen, Wahrnehmungsübungen… bis ins hohe Alter, da bilden sich noch neue Synapsen!

Gern fetzige Musik dazu – dann berühren sich dein rechter Ellenbogen und dein linkes Knie vor deiner Körpermitte… Hand mit dem Fuß, immer entgegengesetzt… Alles geht über den Körper! Babies robben auch erst auf dem Bauch, gehen dann auf den Rücken, kriechen auf allen Vieren… wenn Stadien überschlagen werden, macht sich das nachher bemerkbar.

„Man kann jederzeit beginnen, zu tanzen.“

tanzmuster: Man kann also in jedem Alter tanzen?

Illustration von Nerven-Bahnen und -Knoten Renate: Aber klar! Man kann jederzeit beginnen, zu tanzen. In Düsseldorf gab es jetzt auch eine Gruppe für ältere Menschen – und es gab einen totalen Run! Wenn wir unsere Arbeit zeigen, schreckt es allerdings auch viele ab, es ist sehr anspruchsvoll. Es ist viel Körperarbeit, viel Technik… mit Basics aus dem Ballett.. der ganze Tanz baut ja darauf auf. Marcus macht auch viele Übungen aus dem Aikido.

Schwarz-Weiß-Aufnahme einer Balletttänzerin in schwarzem Kleid und Fächer (posiert ausdrucksstark)Sehr wichtig ist in den Choreografien, dass Bewegungssequenzen immer auch zur anderen Seite ausgeführt werden. Wenn du dich drehst, machst du das gleiche auch in die entgegen gesetzte Richtung. Das stärkt die Möglichkeit, bis ins hohe Alter fit und beweglich zu bleiben. Im Kopf und im Körper.

tanzmuster: Deine Beziehung zum Tanz, hat sie sich über die Jahre verändert?

Renate: Mir ist Form nicht mehr so wichtig… vielmehr der Ausdruck: wie kann ich ein Gefühl, einen Zustand transportieren? Wie kann ich das zeigen, ohne in einer Form zu erstarren? Der Aspekt, den Marcus im Tanztheater bei uns reinbringt… das hat mir sehr viel geholfen. Andere Elemente einbringen! Mich hat auch der japanische Butoh Tanz stets begeistert und mit geprägt. Wenn ich tanze, dann sieht man das Ballett in mir, meine Grundausbildung… aber ich bin darin nicht stecken geblieben.

tanzmuster: Wie hast du deinen Körper über die Jahre in seiner Entwicklung beobachtet?

Renate: Ich bin jetzt 73 und glaube, wie gesagt, ganz fest, dass Tanz jung hält, nicht nur physisch. Ich bekomme viele Komplimente, dass ich sehr jung wirke. Das hat viel damit zu tun, wie ich mich bewege! Ich habe kürzlich den Puk im Stück Peter Pan gespielt, oder den gestiefelten Kater… eben auch Kindertheater… Das sind auch sehr tänzerische Rollen. Obwohl der Regisseur oft sagt: "Renate, hör auf zu tanzen!“ (lacht).

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